Germanistik in der Schweiz. Online-Zeitschrift der SAGG 1/2002


Vorwort


Liebe Leserin, lieber Leser

Vor Jahresfrist hat die Mitgliederversammlung der Schweizerischen Akademischen Gesellschaft für Germanistik den Vorschlag gut geheissen, den Versuch der Gründung einer Internet-Zeitschrift zu wagen. Diese Zeitschrift soll als Plattform zum Informationsaustausch und für fachliche Diskussionen zwischen den Vertreterinnen und Vertretern der Germanistik in der Schweiz dienen. Vor allem aber soll sie ein Forum zur Publikation von Aufsätzen, Essays oder auch dem bieten, was man auf Englisch target paper nennt. Darüber hinaus steht unsere Online-Zeitschrift auch für Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge zu fach-, hochschul- und bildungspolitischen Fragen (wie etwa der Umsetzung der Bologna-Deklaration) zur Verfügung.

Die Gestaltung von Germanistik in der Schweiz folgt einem flexiblen Konzept. Jede Nummer wird einem Schwerpunktthema gewidmet sein; es soll aber auch Raum für thematisch "freie" Beiträge bleiben. Ergänzt werden soll der wissenschaftliche Teil durch aktuelle Informationen und Veranstaltungshinweise. Auch Rezensionen sind willkommen. Wie häufig Germanistik in der Schweiz erscheinen wird, kann und soll zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau festgelegt werden; gedacht ist derzeit an etwa zwei Ausgaben pro Jahr.

Germanistik in der Schweiz ist als Ergänzung zum SAGG-Bulletin gedacht, das Ihnen zweimal jährlich auf Papier zugesandt wird, nicht als dessen Ersatz. Es ist daher zur Zeit nicht vorgesehen, das Erscheinen des SAGG-Bulletin einzustellen.

Dies ist nun die Pilotnummer von Germanistik in der Schweiz. Thema dieser ersten Ausgabe ist die Stadt, in der die Zeitschrift gegründet wurde: Bern. Dabei gilt die Aufmerksamkeit der vier hier versammelten Beiträge ganz verschiedenen Aspekten, die sich  zu einem kleinen Mosaik von Stadt und Region ergänzen. In zwei der Aufsätze, nämlich den Beiträgen von Beat Siebenhaar und Michael Stolz, können wir Ihnen dabei zugleich die schriftliche Fassung von Vorträgen präsentieren, die an unserer letzten Jahresversammlung in Bern gehalten wurden.

In  Beat Siebenhaars Aufsatz "Sprachliche Varietäten in der Stadt Bern und was die Sprecher davon halten" wird die besondere Position dokumentiert, die Bern in der schweizerdeutschen Sprachlandschaft einnimmt. Im Vordergrund der Untersuchung stehen dabei die Einstellungen, die von den Mundartsprecherinnen und -sprechern selbst gegenüber den ihnen bekannten Varietäten geäußert werden. Neben Anekdoten ergänzen auch Tondokumente - die durch die besondere Form der Publikation im Internet allen Leserinnen und Lesern problemlos zugänglich gemacht werden können - den Text und machen ihn hoffentlich zu einem besonderen Lesevergnügen.

Michael Stolz wendet sich seinem Beitrag "Wolfram-Lektüre für die spätmittelalterliche Stadt. Erkundung einer literarischen Topographie am Beispiel des Berner 'Parzival'" dem 15. Jahrhundert, "Berns große Zeit", zu.  Anhand von Besonderheiten in Bebilderung und Text der Berner Parzival-Handschrift zeichnet der Autor ein spannendes Bild davon, wie sich in der spätmittelalterlichen Rezeption die Selbstwahrnehmung der Berner Oberschicht in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts widerspiegelt. Abbildungen illustrieren im wörtlichen Sinne die Überlegungen des Autors auf das Schönste.

"Jens Immanuel Baggesens 'Parthenäis oder Die Alpenreise': eine vergessene Berner-Idylle" ist der Titel des dritten Beitrags, der von Adrian Aebi stammt. Der Autor ruft nicht nur einen zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Reisebericht aus dem späten 18. Jahrhundert wieder ins Gedächtnis und würdigt ihn, sondern fügt auch eine biografische Skizze und eine Zusammenstellung der deutschsprachigen Forschungsliteratur hinzu, die Sie zur weiteren Beschäftigung mit Baggesen anregen könnten.

Im vierten Beitrag schließlich, " Jugendsprache in der Deutschschweiz. Erforschung der Jugendsprache in der Deutschschweiz im Paradigma des  Sprachenportfolios - Plädoyer für eine angewandte Dialektologie" von Erika Werlen, plädiert die Autorin dafür, Jugendsprache als dialektologisches Forschungsobjekt zu etablieren und sie zugleich als empirische Grundlage für die schulische Sprachdidaktik zu behandeln.

Nun  hoffen wir, dass diese Pilotnummer Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Zustimmung finden wird, und wünschen Ihnen erbauliche Lektüren. Zugleich möchten wir die Gelegenheit nutzen, Sie herzlich um Ihre Mitarbeit an Germanistik in der Schweiz zu bitten. Ihre Beiträge, Ihre Vorschläge und Ihre Hinweise werden es sein, die der neuen Zeitschrift fachliches und wissenschaftliches Gewicht verleihen. Nehmen Sie mit der Redaktion Kontakt auf.

Elke Hentschel
Redaktion
Andreas Härter
Präsident der SAGG